Zusammenfassung des Urteils EL 2014/31: Versicherungsgericht
A. meldete sich im Oktober 2010 für Ergänzungsleistungen zur AHV an. Trotz einer Liegenschaftsveräusserung und einem Vermögensverzicht wurde das Gesuch abgelehnt. Nach mehreren Überprüfungen und Einsprüchen wurde der Anspruch auf Ergänzungsleistungen weiterhin verweigert. Die Beschwerdeführerin argumentierte, dass der Wert der Liegenschaft niedriger war als angenommen und dass ein Wohnrecht berücksichtigt werden sollte. Letztendlich wurde die Beschwerde abgewiesen, da kein Anspruch auf Ergänzungsleistungen bestand.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | EL 2014/31 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | EL - Ergänzungsleistungen |
Datum: | 26.11.2015 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG.Gemischte Schenkung einer Liegenschaft. Bewertung eines Wohnrechtes. Ermittlung des Verzichtsvermögens (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 26. November 2015, EL 2014/31).Entscheid vom 26. November 2015BesetzungVizepräsident Ralph Jöhl, Versicherungsrichterinnen Karin Huber-Studerus und Marie-Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiber Tobias BoltGeschäftsnr.EL |
Schlagwörter: | Franken; Liegenschaft; EL-act; Wohnrecht; Vermögens; Leistung; Vermögensverzicht; Anspruch; EL-Durchführungsstelle; Ergänzungsleistung; Kinder; Einnahme; Übertragung; Wohnrechtes; Zeitpunkt; Schätzung; Anspruchsberechnung; Ausgabe; Betrag; Ergänzungsleistungen; Verfügung; Nutzniessung; Vermögensverzichtes; Ausgaben; Recht; Sommer; Wertes |
Rechtsnorm: | Art. 746 ZGB ;Art. 776 ZGB ; |
Referenz BGE: | 122 V 394; |
Kommentar: | - |
B. ,gegenSozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Ausgleichskasse, Brauerstrasse 54, Postfach, 9016 St. Gallen,Beschwerdegegnerin,GegenstandErgänzungsleistung zur AHVSachverhalt
A.
A. meldete sich im Oktober 2010 zum Bezug von Ergänzungsleistungen zu einer AHV-Rente an (EL-act. 60). Sie gab an, sie erhalte je eine Rente der AHV und der Militärversicherung. Ihr Sparguthaben belaufe sich auf knapp 75’000 Franken. Im Juli 2007 habe sie eine Liegenschaft, deren Wert gemäss einer damaligen Schätzung 628’000 Franken betragen habe, für 180’000 Franken an ihren Sohn verkauft. Seit Dezember 2009 halte sie sich in einem Altersheim auf. Die Heimtaxe betrage 133.50 Franken pro Tag. Im Januar 2011 gingen der EL-Durchführungsstelle weitere Unterlagen zu (EL-act. 54). Laut der Steuererklärung für das Jahr 2009 hatte der Versicherten ein Wohnrecht an der Liegenschaft des Sohnes zugestanden, das diese zum Eigenmietwert gemäss der Steuerschätzung vom Februar 2008 als Einnahme versteuert hatte. Dieses Wohnrecht war vertraglich vereinbart worden. Gemäss der Steuerschätzung vom Februar 2008 hatte der Wert der Liegenschaft damals noch
568’000 Franken betragen; der Eigenmietwert hatte sich auf 16’450 Franken belaufen. Mit einer Verfügung vom 5. Mai 2011 wies die EL-Durchführungsstelle das Gesuch der Versicherten ab (EL-act. 51), weil die Anspruchsberechnung einen Einnahmenüberschuss von 80’089 Franken (für die Monate Oktober, November und Dezember 2010) beziehungsweise von 81’121 Franken (für die Zeit ab Januar 2011) ergeben hatte (EL-act. 52 f.).
Am 23. Mai 2011 liess die AHV/IV-Zweigstelle der Wohngemeinde der Versicherten der EL-Durchführungsstelle Unterlagen zum Erbgang und zur Erbteilung betreffend den Nachlass des im Jahr 2002 verstorbenen Ehemannes der Versicherten zugehen (EL-act. 50). Diesen Unterlagen liess sich entnehmen, dass die Ehegatten im Jahr 1982 die Gütergemeinschaft vereinbart hatten, dass gemäss dem entsprechenden Ehe- und Erbvertrag drei Viertel des Reinvermögens der Versicherten zugestanden hätten, dass der restliche Viertel, der den Kindern zugestanden hätte, mit einer Nutzniessung zu Gunsten der Versicherten belastet gewesen wäre und dass die Liegenschaft zum damaligen amtlichen Verkehrswert von 628’000 Franken in Verrechnung mit den güter- und erbrechtlichen Ansprüchen der Versicherten gegenüber dem Nachlass ihres Ehemannes der Versicherten zugefallen war. Das Vermögen hatte im Todeszeitpunkt des Ehemannes der Versicherten aus der Liegenschaft und aus einem beweglichen Vermögen von rund 40’000 Franken bestanden; den gemeinsamen Kindern hatte ein Anteil von 121’069 Franken zugestanden. Die EL-Durchführungsstelle führte in der Folge eine erneute Überprüfung des EL-Anspruchs durch (vgl. EL-act. 49). Eine Rückfrage bei der Gemeindeverwaltung ergab, dass weder die Versicherte noch ihr Sohn als neuer Grundeigentümer Hypothekarzinsen bezahlt hatten (EL-act. 47). Bei der Neuberechnung des EL- Anspruchs (EL-act. 43 ff.) qualifizierte die EL-Durchführungsstelle die Versicherte als Nutzniessungsberechtigte an der Liegenschaft, weshalb sie zusätzlich eine Gebäudeunterhaltskostenpauschale als Ausgabe berücksichtigte und kein Verzichtsvermögen mehr anrechnete, dafür aber als zusätzliche Einnahme einen Nutzniessungsertrag von 17’515 Franken berücksichtigte. Diese Neuberechnung ergab ebenfalls einen Einnahmenüberschuss, weshalb die EL-Durchführungsstelle das Gesuch mit einer Verfügung vom 13. Oktober 2011 erneut abwies (EL-act. 42).
Im Juni 2012 erhielt die EL-Durchführungsstelle eine Mitteilung über eine Erhöhung der Heimtaxe. Sie teilte der Versicherten am 15. Juni 2012 mit (EL-act. 38), dass daraus ein Ausgabenüberschuss und damit ein Anspruch auf eine Ergänzungsleistung resultieren könnten, weshalb sie ihr eine Neuanmeldung empfehle. Im September 2012 meldete sich die Versicherte erneut zum Bezug von Ergänzungsleistungen an (EL-act. 30). Ein Sachbearbeiter der EL-Durchführungsstelle notierte (EL-act. 28), dass die Berücksichtigung eines Nutzniessungsrechtes der Versicherten an der Liegenschaft im Rahmen der letzten Leistungsprüfung falsch gewesen sei. Hätte nämlich eine Nutzniessung bestanden, hätte die Versicherte gar nicht die Alleineigentümerin der Liegenschaft sein und diese folglich auch nicht verschenken können. Für die Anspruchsberechnung sei deshalb nicht eine Nutzniessung, sondern ein Vermögensverzicht zu berücksichtigen. Der Betrag des Vermögensverzichtes belaufe sich auf 326’931 Franken, nämlich auf die Differenz zwischen dem damaligen Schätzwert der Liegenschaft (628’000 Franken) und der geleisteten Zahlung (180’000 Franken) sowie der Forderung der Kinder aus dem Erbteilakt (121’069 Franken). Mit einer Verfügung vom 9. November 2012 wies die EL- Durchführungsstelle das Leistungsbegehren der Versicherten ab (EL-act. 27), da die Anspruchsberechnung einen Einnahmenüberschuss ergeben hatte (EL-act. 26).
Im August 2013 meldete sich die Versicherte erneut zum Leistungsbezug an (EL- act. 19). Sie machte geltend (EL-act. 20–3), der Vermögensverzicht sei in der Verfügung vom 9. November 2012 falsch berechnet worden. Der Wert der Liegenschaft sei kurz nach der Übertragung an den Sohn, nämlich im Februar 2008, neu geschätzt worden. Diese Schätzung habe einen um 60’000 Franken tieferen Wert ergeben. Zudem habe die Versicherte zweieinhalb Jahre lang in der Liegenschaft gewohnt. Ausgehend vom Eigenmietwert von 16’450 Franken belaufe sich der Gegenwert für die Ausübung des Wohnrechtes auf 41’125 Franken. Der Sachbearbeiter der EL-Durchführungsstelle notierte am 10. September 2013 (EL-act. 16), massgebend für die Berechnung des Vermögensverzichtes sei der Wert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Übertragung. Das Wohnrecht könne nicht angerechnet werden, da es im Schenkungsvertrag nicht erwähnt sei und auch später keine entsprechende Eintragung im Grundbuch vorgenommen worden sei. Mit einer Verfügung vom 14. September 2013 wies die EL- Durchführungsstelle das Leistungsgesuch ab (EL-act. 15), da die
Anspruchsberechnung einen Einnahmenüberschuss ergeben hatte (EL-act. 14). Bei der
Anspruchsberechnung war ein Vermögensverzicht von 241’000 Franken angerechnet
worden.
Am 30. September 2013 erhob die Versicherte eine Einsprache gegen die Verfügung vom 14. September 2013 (EL-act. 10). Sie beantragte die Berücksichtigung eines Vermögensverzichtes in der Höhe des von ihr berechneten Betrages bei der Anspruchsberechnung. Sie machte geltend, dass bereits 70’000 Franken aus eigenen Mitteln an die Ausgaben für das Altersheim bezahlt worden seien. Diese Auslagen seien als Tilgung des Vermögensverzichtes zu berücksichtigen. Am 28. April 2014 forderte die EL-Durchführungsstelle die Versicherte auf, diese Ausgaben zu belegen (EL-act. 5). Der Sohn der Versicherten antwortete am 11. Mai 2014, dass die Ausgaben in den Steuerveranlagungsverfügungen belegt seien; die Versicherte habe sie aus ihren eigenen Mitteln finanziert (EL-act. 4). Am 2. Juli 2014 räumte die EL- Durchführungsstelle, die fälschlicherweise annahm, der Sohn habe die Versicherte mit 70’000 Franken unterstützt, der Versicherten „eine letzte Gelegenheit“ ein, um die geleisteten Zahlungen aus dem Privatvermögen ihres Sohnes zu beweisen (EL-act. 3). Dieser antwortete am 12. Juli 2014 (EL-act. 2), dass er die Zahlungen über insgesamt 70’567 Franken schon belegt habe. Er habe mittlerweile noch weitere 15’331 Franken an die Kosten des Altersheims bezahlt. Mit einem Entscheid vom 18. Juli 2014 wies die EL-Durchführungsstelle die Einsprache ab (EL-act. 1). Sie führte aus, massgebend sei der Wert im Zeitpunkt der Übertragung. Das Ergebnis der späteren Schätzung könne nicht berücksichtigt werden. Das Nachlassvermögen des Ehemannes der Versicherten habe sich auf 667’276 Franken belaufen. Davon sei ein Viertel den Kindern zugestanden. Dieser Viertel sei zusammen mit dem Betrag, den der Sohn der Versicherten für die Liegenschaft bezahlt habe, vom Wert der Liegenschaft abzuziehen. Damit ergebe sich ein Vermögensverzicht von 281’181 Franken (= 628’000 – 180’000 – 166’819 Franken). Dieser Betrag sei in Anwendung des Art. 17a Abs. 1 ELV um 50’000 Franken zu reduzieren, da der Verzicht im Jahr 2007 stattgefunden habe und die Anspruchsberechnung für das Jahr 2013 durchzuführen sei. Das Wohnrecht sei nicht zu berücksichtigen, weil es nicht im Grundbuch eingetragen und damit nicht rechtsgültig begründet worden sei. Allfällige künftige belegte „Teilrückzahlungen der Schenkung“ könnten in späteren Verfahren berücksichtigt werden.
B.
Am 16. August 2014 erhob die Versicherte (nachfolgend: die Beschwerdeführerin) eine Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 18. Juli 2014 (act. G 1). Sie beantragte sinngemäss die Zusprache einer Ergänzungsleistung. Zur Begründung führte sie aus, dass von einem Liegenschaftswert von 568’000 Franken ausgegangen werden müsse, weil der Wert der Liegenschaft rund ein halbes Jahr nach der Übertragung auf den Sohn neu auf diesen Betrag geschätzt worden sei. Zudem müsse die Ausübung des Wohnrechtes in der Zeit vom Juli 2007 bis zum
Dezember 2009 vom Schenkungsbetrag in Abzug gebracht werden. Das Wohnrecht sei vertraglich vereinbart worden; den Vertrag habe ein Treuhänder ausgefertigt. Dieser habe die Versicherte nicht darauf aufmerksam gemacht, dass das Wohnrecht im Grundbuch eingetragen werden müsse.
Die Beschwerdegegnerin beantragte am 25. August 2014 unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Einspracheentscheid die Abweisung der Beschwerde (act. G 3).
Erwägungen
Den Streitgegenstand dieses Verfahrens bildet die Frage, ob die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen hat. Zwar waren vor der Einreichung des aktuellen Leistungsbegehrens im August 2013 bereits zwei frühere Leistungsbegehren der Beschwerdeführerin abgewiesen worden. Da der Beschwerdeführerin aber von Gesetzes wegen das Recht zugestanden hat, sich im August 2013 voraussetzungslos erneut zum Leistungsbezug anzumelden, und da die Beschwerdegegnerin dieses Gesuch aus Gleichbehandlungsgründen nicht anders hat behandeln dürfen als ein erstes Leistungsbegehren einer um Ergänzungsleistungen ersuchenden Person, hat sie das dritte Gesuch der Beschwerdeführerin um die Zusprache von Ergänzungsleistungen zu Recht umfassend und ohne eine Bindung an ihre beiden früheren Abweisungsverfügungen geprüft.
Die Beschwerdeführerin hat nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahr 2002 die eheliche Liegenschaft zu Alleineigentum übertragen erhalten. An sich hätte sie ihre Kinder dafür entschädigen müssen, denn diesen hat ein Anteil von 121’069 Franken am Nachlass zugestanden, der mit dem Sparguthaben von rund 40’000 Franken allein
nicht vollständig hätte befriedigt werden können. Offenbar haben die Kinder aber auf ihren Erbanteil verzichtet, denn im öffentlich beurkundeten Vertrag, mit dem die Erbengemeinschaft die Liegenschaft an die Beschwerdeführerin übertragen hat, ist keine Gegenforderung der übrigen Erben (also der Kinder) erwähnt. Das bedeutet, dass die Beschwerdeführerin mit der Liegenschaft im Jahr 2003 mehr erhalten hat, als ihr gemäss dem Erbvertrag und dem Testament eigentlich zugestanden wäre. Nach der Übertragung der Liegenschaft in ihr Eigentum hat die Beschwerdeführerin also über ein unbewegliches Vermögen im Wert der Liegenschaft sowie über ein bewegliches Vermögen verfügt und sie ist gegenüber ihren Kindern aus dem Erbgang schuldenfrei gewesen. Ergänzungsleistungsrechtlich hat ihr Vermögen einem Vorsorgezweck gedient (vgl. Art. 11 Abs. 1 lit. b und c ELG). Indem sie die Liegenschaft im Juli 2007 ihrem Sohn übertragen hat, hat sie deren Wert ihrem diesem Vorsorgezweck dienenden Vermögen entzogen. Hätte sie von ihrem Sohn im Gegenzug ein marktübliches Entgelt erhalten, hätte dieses die entstandene „Lücke“ im Vorsorgevermögen wieder „geschlossen“. Sie hätte das Geld also für die Erfüllung des ergänzungsleistungsrechtlichen Vorsorgezwecks verwenden können (vgl. Ralph Jöhl, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Band XIV Soziale Sicherheit, Rz. 201 f.). Da die Gegenleistung des Sohnes allerdings, wie nachfolgend dargelegt werden wird und was von den Parteien im Grundsatz unbestritten ist, tiefer als ein marktübliches Entgelt gewesen ist, hat sie die „Lücke“ im Vorsorgevermögen der Beschwerdeführerin nicht vollständig „geschlossen“. Mit der teilweisen Schenkung der Liegenschaft an den Sohn im Umfang der Differenz zwischen dem marktüblichen und dem tatsächlich geleisteten Entgelt hat die Beschwerdeführerin also auf ein Vermögen verzichtet, das heisst sie hat einen Wert ihrem Vorsorgevermögen entzogen, ohne dafür eine notwendige Anschaffung aber eine ebenfalls dem Vorsorgezweck dienende Investition zu tätigen.
3.
Der Wert der Liegenschaft hat gemäss der im Sommer 2007 noch aktuellen amtlichen Schätzung 628’000 Franken betragen. Für die Bewertung eines Vermögenswertes im Rahmen eines Rechtsgeschäftes ist der Zeitpunkt, in dem das Rechtsgeschäft abgewickelt wird, massgebend. Gemäss dem Art. 17 Abs. 5 Satz 1 ELV müsste an sich mittels weiterer Abklärungen ermittelt werden, welches der
Marktwert der Liegenschaft im Sommer 2007 gewesen ist. Da dieser Zeitpunkt aber bereits über acht Jahre zurückliegt, kann von weiteren Abklärungen in antizipierender Beweiswürdigung kein Nachweis eines überwiegend wahrscheinlich eher als die amtliche Schätzung dem realen Marktwert entsprechenden Wertes der Liegenschaft erwartet werden. Aus diesem Grund ist für die Prüfung des Leistungsbegehrens der Beschwerdeführerin auf den damaligen Schätzwert von 628’000 Franken für die Liegenschaft abzustellen.
Der Liegenschaft hat im Sommer 2007 keine erbrechtliche Forderung der übrigen Erben respektive der Kinder der Beschwerdeführerin mehr gegenüber gestanden. Die von der Beschwerdegegnerin vorgenommene Reduktion des Wertes der Liegenschaft um den Erbanteil der Kinder, auf den diese verzichtet haben, erweist sich damit als rechtsfehlerhaft. Bei der Berechnung des Vermögensverzichtes ist keine Schuld der Beschwerdeführerin gegenüber ihren Kindern zu berücksichtigen.
Von ihrem Sohn hat die Beschwerdeführerin 180’000 Franken für die Liegenschaft erhalten. In diesem Betrag kann sie nicht auf ein Vermögen verzichtet haben.
Zudem hat ihr der Sohn ein lebenslängliches Wohnrecht an der Liegenschaft eingeräumt. Die Argumentation der Beschwerdegegnerin, das Wohnrecht dürfe nicht berücksichtigt werden, weil es nicht im Grundbuch eingetragen worden sei, geht fehl. Zwar entsteht ein – dingliches – Wohnrecht im Sinne der Art. 776 ff. ZGB an einem Grundstück tatsächlich erst mit der Eintragung ins Grundbuch (vgl. Art. 776 Abs. 3
i.V.m. Art. 746 Abs. 1 ZGB). In der Rechtsprechung und in der Lehre ist allerdings die Möglichkeit anerkannt, ein Wohnrecht in der Form eines persönlichen – statt eines dinglichen – Rechts vorzusehen, wofür keine spezielle Formvorschrift zu beachten ist (BSK ZGB II-Mooser, Art. 776 N 13, mit Hinweisen). Zudem ist ergänzungsleistungsrechtlich entscheidend, ob und allenfalls welchen wirtschaftlichen Vorteil die Beschwerdeführerin erhalten hat. Mit den eingereichten Akten ist hinreichend belegt, dass der Sohn der Beschwerdeführerin dieser ein lebenslängliches Wohnrecht eingeräumt hat, das diese dann auch während zweieinhalb Jahren (bis zum Heimeintritt im Dezember 2009) effektiv ausgeübt hat. Folglich ist mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit belegt, dass die
Beschwerdeführerin zusätzlich zum Kaufpreis von 180’000 Franken eine weitere Gegenleistung in der Form eines lebenslänglichen Wohnrechtes an der Liegenschaft erhalten hat. Mangels zuverlässigerer Angaben ist – wie bezüglich des Wertes der Liegenschaft im Übertragungszeitpunkt – für die Ermittlung des Wertes des Wohnrechtes auf die damals massgebende amtliche Schätzung abzustellen. Laut dieser hat sich der Mietwert des Hauses (ohne Garage und Schopf) auf 15’975 Franken belaufen (EL-act. 61–6). Der Wert des Wohnrechtes wird nicht retrospektiv ermittelt,
wie die Beschwerdeführerin fälschlicherweise angenommen hat, denn entscheidend ist die prospektive Schätzung des Wertes im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Ein Wohnrechtsvertrag weist zwingend – wie eine Versicherung – aleatorische Züge auf. Die Beschwerdeführerin und ihr Sohn haben im Zeitpunkt der Übertragung der Liegenschaft den Verkaufspreis unter Berücksichtigung eines lebenslänglichen Wohnrechtes vereinbart; sie haben damals nicht mit einem nur zweieinhalb Jahre umfassenden Zeitraum gerechnet, weil sie nicht haben wissen können, wie lange die Beschwerdeführerin ihr Wohnrecht werde ausüben können. Der Wert des Wohnrechtes ist folglich mittels einer Kapitalisierung des jährlichen Wertes unter Berücksichtigung der statistischen verbleibenden Lebenserwartung der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Sommer 2007) zu ermitteln. Massgebend sind gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Kapitalisierungstabellen der Eidgenössischen Steuerverwaltung (vgl. BGE 122 V 394 E. 4a S. 399 f. und Urteil 9C_157/2014 vom
24. Juni 2014, E. 5.1). Die Beschwerdegegnerin (Jahrgang 1925) ist im Zeitpunkt der Übertragung der Liegenschaft im Sommer 2007 82 Jahre alt gewesen. Der Kapitalisierungsfaktor hat folglich gemäss der einschlägigen von der Eidgenössischen Steuerverwaltung herausgegebenen Tabelle 9.837 (= 1’000 ÷ 101.66) betragen. Der Wert des Wohnrechtes hat sich also auf 157’146 Franken (= 9.837 × 15’975 Franken) belaufen.
Demnach hat die Beschwerdeführerin für ihre Liegenschaft, die damals 628’000 Franken wert gewesen ist, von ihrem Sohn eine gesamte Gegenleistung von 337’146 Franken erhalten. Sie hat demnach auf 290’854 Franken verzichtet. Der Umstand, dass sie ihr übriges, reales Vermögen zwischenzeitlich für ihren alltäglichen Bedarf hat verbrauchen müssen, hat mit diesem Vermögensverzicht nichts zu tun, weshalb der reale Vermögensverbrauch nicht mit dem Vermögensverzicht „verrechnet“ werden kann.
Der Verzicht hat im Sommer 2007 stattgefunden. Gemäss dem Art. 17a ELV ist der Betrag des Verzichtsvermögens erstmals ab Januar 2009 und in der Folge jährlich jeweils um 10’000 Franken zu reduzieren gewesen. Im Jahr 2013 hat also ein Verzichtsvermögen von 240’854 Franken (= 290’854 – 5 × 10’000 Franken) angerechnet werden müssen.
4.
Die ergänzungsleistungsrechtlich anerkannten Ausgaben der Beschwerdeführerin haben sich auf total 61’855 Franken belaufen. Sie haben sich aus der Prämienpauschale für die obligatorische Krankenpflegeversicherung, aus der Heimtaxe und aus einer Pauschale für die persönlichen Auslagen zusammengesetzt.
Als Einnahmen sind die Renten der AHV und der Militärversicherung (total 36’775 Franken), Sparzinsen (138 Franken), ein fiktiver Vermögensertrag als Folge der Anrechnung eines Vermögensverzichtes sowie ein Fünftel des den Freibetrag übersteigenden Vermögens als Vermögensverzehr anzurechnen. Das effektive Vermögen hat 18’853 Franken betragen. Zusammen mit dem Vermögensverzicht von 240’854 Franken und unter Berücksichtigung des Freibetrages von 37’500 Franken sowie der in der Steuerveranlagungsverfügung ausgewiesenen Schulden von 6’028 Franken ergibt sich ein anrechenbares Vermögen von 216’179 Franken und damit ein Vermögensverzehr von 43’236 Franken. Damit resultiert bereits ohne die fiktiven Vermögenserträge ein das Ausgabentotal von 61’855 Franken weit übersteigendes Einnahmentotal von 80’149 Franken. Folglich hat kein Anspruch auf eine Ergänzungsleistung bestanden.
5. Der angefochtene Einspracheentscheid vom 18. Juli 2014 erweist sich demzufolge im Ergebnis als rechtmässig, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
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